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Im Zeichen der Siegesgöttin

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(sid). Die USA sind das Land von Jesse Owens und Carl Lewis, von Wilma Rudolph und Florence Griffith-Joyner. Sie sind seit jeher die Weltmacht der Leichtathletik. Eine Weltmacht allerdings, die bislang noch nie die Weltmeisterschaften ausgerichtet hat. Dass sich dies ab Freitag ändert, lässt die heutigen Topstars in Sternen und Streifen geradezu schwärmen.

»Endlich sind wir zu Hause. Ich bin so dermaßen aufgeregt«, sagt Kugelstoß-Weltrekordler Ryan Crouser: »Gerade für mich, der in Oregon aufgewachsen ist, wird das ein absoluter Höhepunkt.« Oregon? Richtig: Nicht in die Megametropole New York, nicht in die Olympiastädte Los Angeles oder Atlanta ist die erste US-Ausgabe (15. bis 24. Juli) der seit 1983 ausgetragenen Titelkämpfe vergeben worden.

Stattdessen ist das 170 000- Einwohner-Städtchen Eugene Schauplatz des coronabedingt um ein Jahr verschobenen Showdowns. Dass die 18. Weltmeisterschaften in der mit Abstand kleinsten Stadt ihrer Geschichte Station machen, hat zwei Gründe. Erstens und nachvollziehbar: Eugene ist die Hauptstadt der US-Leichtathletik, das für die WM grundrenovierte Stadion Hayward Field auf dem Campus der University of Oregon ist regelmäßig Schauplatz nationaler Meisterschaften sowie der Diamond League.

Zweitens und problematisch: Eugene ist Gründungsort des weltmächtigsten Sportartikel-Herstellers - Nike. Die Mega-Kompanie soll mitverantwortlich dafür gewesen sein, dass die WM im Frühjahr 2015 überraschend nach Oregon vergeben wurde. Überraschend deshalb, weil die Titelkämpfe vom Weltverband, der damals noch IAAF hieß, nicht einmal ausgeschrieben worden waren. Damals war Lamine Diack IAAF-Präsident, und da der 2021 verstorbene Senegalese sich als grundkorrupt entpuppte, passte die Affäre, die später französische Strafermittler beschäftigte, ins Bild. Richtig pikant wurde sie aber, als die BBC Mailverkehr zwischen der Nike-Zentrale und Eugenes Bewerbungschef veröffentlichte, in dem den WM-Aspiranten der förderliche Einsatz Sebastian Coes versichert wurde.

Der Brite Coe, zweimaliger Olympiasieger, war seinerzeit IAAF-Vizepräsident - und bis November 2015 Nike-Markenbotschafter. Im August 2015 wurde Coe Diacks Nachfolger. Unlautere Lobby-Arbeit bestritt Sir Sebastian vehement. »Ich habe sie nur nach ihrer knappen Niederlage für die WM 2019 zu einer neuen Bewerbung ermutigt«, teilte Coe mit. Er dürfte in der Tat viel zu smart für tumben Lobbyismus sein. In seiner Amtszeit wechselte beispielsweise der Weltverband seinen Ausrüster von einem deutschen Hersteller zu einem japanischen - und nicht zu Nike.

Für die Marke im Zeichen der Siegesgöttin dürfte die WM dennoch stattlichen Werbeeffekt haben - ein Großteil der US-Spitzenathleten steht in Beaverton unter Vertrag. Und die WM dürfte zu Festtagen der US-Leichtathletik werden - das Tief von 2015 (Platz drei in der Nationenwertung) ist längst überwunden.

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