In der Ruhe liegt die Kraft

Gordon Herbert ist kein Lautsprecher, sondern ein Mann der leisen Worte. Mit seiner für den Basketball eher ungewöhnlichen Art hat der Bundestrainer Erfolg, auch seine Entscheidungen vor dem Turnier erweisen sich bislang als goldrichtig.
An der Seitenlinie hektisch auf und ab rennen, dabei vielleicht noch wild mit den Armen umherfuchteln und Anweisungen brüllen, das ist nicht Gordon Herberts Sache. Was im Basketball üblicherweise zum Programm gehört, fehlt im Repertoire des Bundestrainers, und das ist Teil seines Erfolgsgeheimnisses.
Mit seiner betont ruhigen, sachlichen Art hat es Herbert schon vor der bislang so glänzend verlaufenen EM geschafft, die Spieler hinter sich zu versammeln. Alle ziehen an einem Strang, egal, wie klein oder groß die Rolle in der Mannschaft ist. »So einen Teamgeist hatten wir vorher noch nicht«, findet etwa Dennis Schröder, und das sagt viel über die Arbeit des Kanadiers aus.
Herbert, der zwischen 2013 und 2019 die Fraport Skyliners Frankfurt trainierte, hat immer das große Ziel im Blick, ist bereit, unbequeme Entscheidungen zu treffen. So sortierte der 63-Jährige in der Vorbereitung auf die EuroBasket den langjährigen Kapitän Robin Benzing aus und machte Schröder auch offiziell zum Anführer - zuvor hatte er wegen der Entscheidung allerdings »einige Tage nicht geschlafen«. In der Fachpresse kam der Verzicht auf Benzing teils nicht gut an.
Herbert, den alle nur Gordie nennen, so steht er auch im Spielberichtsbogen, setzt in erster Linie auf sportliche Kriterien. Auch war er der festen Überzeugung, dass Schröder eine gute Wahl als Kapitän sei (»einfache Entscheidung«). Er lag wieder richtig. Der nicht unumstrittene Spielmacher gibt in Köln einen exzellenten Leader ab, geht voran, übt Selbstkritik, gibt sich offen. Das war nicht immer so. Gordon Herbert hat viel gesehen, viel erlebt, ist seit inzwischen fast 30 Jahren Trainer. Seine Karriere als Spieler begann und endete in Finnland, von dort stammt seine Frau Sari. Er arbeitete in seiner Heimat, in Georgien, in Griechenland, in Frankreich, in Österreich, in Russland. Und natürlich in Deutschland.
Sein größter Erfolg war der Gewinn der Meisterschaft mit den Frankfurt Skyliners 2004, zwölf Jahre später holte Herbert nach der Rückkehr zum Klub den FIBA Europe Cup. Davor war ein Intermezzo bei Alba Berlin erfolglos verlaufen. Im Vorjahr griff schließlich der Deutsche Basketball-Bund (DBB) zu, als nach der Trennung von Henrik Rödl der oberste Trainerposten frei war.
Alles richtig gemacht, das kann man schon jetzt sagen. Egal, wie dieses Heimturnier ausgeht, der stille Analytiker Herbert hat sich als Glücksfall herausgestellt. Es läuft - die Mannschaft steht vorzeitig im Achtelfinale -, und auch vorher lief es schon. Mit nur einer Niederlage aus acht Spielen ist das Ticket für die WM 2023 praktisch gesichert. Nur Herberts Debüt ging in der Qualifikation schief.
Dass Herbert auch aus sich herausgehen kann, zeigte sich im Vorrundenspiel gegen Litauen. Weil er sich beim Schiedsrichter beschwerte, bekam er ein technisches Foul. Der fällige Freiwurf wurde vergessen, der Gegner legte Protest gegen die Spielwertung ein, letztlich erfolglos.
Es gab eine Menge Aufregung, und das nach einem Gefühlsausbruch des so gelassenen Gordie Herbert. Kaum zu glauben.