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Kaul »König der Athleten«

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Geher Christopher Linke holt über 35 km mit Silber seine erste große Medaille. © DPA

(dpa/sid). Zehnkampf-Ass Niklas Kaul hat nach einem sensationellen Endspurt noch die Goldmedaille bei der EM in München gewonnen. Damit feierte der 24-Jährige nach dem WM-Coup von 2019 den zweiten großen Triumph seiner Karriere. Mit 8545 Punkten siegte er am Dienstagabend vor dem Schweizer Simon Ehammer, der auf 8468 Punkte kam.

Der Mainzer hatte vor den letzten beiden Disziplinen noch auf dem siebten Rang gelegen, schaffte aber mit 76,05 Metern im Speerwurf und einem starken 1500-Meter-Lauf in persönlicher Bestzeit von 4:10,04 Minuten noch die überraschende Wende. Der frühere WM-Dritte Kai Kazmirek von der LG Rhein-Neuwied kam auf Platz acht mit 8151 Punkten.

Kaul hat mit seinem EM-Titelgewinn die Nachfolge von Arthur Abele angetreten, der vor drei Jahren in Berlin triumphiert hatte und bei letzten Zehnkampf seiner Karriere umjubelt wurde. Der 36-jährige Ulmer war im Hürdensprint zunächst wegen eines vermeintlichen Fehlstarts disqualifiziert worden, durfte aber nach einem erfolgreichen Protest weiterkämpfen. Über den 15. und letzten Rang mit 7662 Punkten kam Abele nicht mehr hinaus.

Geher-Silber

Am Ende des langen Weges zu seiner ersten internationalen Medaille schlang sich Geher Christopher Linke eine deutsche Fahne um die verschwitzten Schultern und jubelte über EM-Silber. Der 33-jährige Potsdamer bescherte dem deutschen Leichtathletik-Team mit Rang zwei über 35 Kilometer in München die nächste Plakette nach dem goldenen Marathon-Auftakt durch Richard Ringer.

Dabei musste Linke einen harten Kampf überstehen. Der WM-Vierte von 2019 und zweimalige Olympia-Fünfte hatte Schmerzen im linken Schienbein und nahm anfangs sogar Schmerzmittel. Am Ende war er dennoch hinter Miguel Ángel López aus Spanien in 2:29:30 Stunden unangefochten Zweiter und feierte den größten Erfolg seiner Karriere. »Jetzt habe ich endlich was, was ich meinen Enkeln zeigen kann«, sagte Linke. Er war der Stärkste aus dem Feld, das den überlegenen López von Anfang an ziehen lassen musste. Der einstige Welt- und Europameister über 20 Kilometer siegte in 2:26:49 Stunden, Bronze holte der Italiener Matteo Giupponi in 2:30:34 Stunden.

Die beiden anderen deutschen Teilnehmer kamen ebenfalls unter die ersten Zehn. Jonathan Hilbert wurde Fünfter, nachdem der Olympia-Zweite über 50 Kilometer die WM nach einer Infektion mit dem Coronavirus verpasst hatte. Carl Dohmann belegte Rang acht bei schon am Vormittag knalliger Sonne.

Diskus-Medaillen

Diskuswerferin Kristin Pudenz (Potsdam) hat bei der Heim-EM in München Gold nur um acht Zentimeter verpasst. Die Olympia-Zweite von Tokio musste sich im Olympiastadion trotz neuer Bestleistung von 67,87 m der kroatischen Seriensiegerin Sandra Perkovic geschlagen geben, die auf 67,95 m kam. Claudine Vita (Neubrandenburg) holte mit 65,20 Bronze. Shanice Craft (Mannheim) rundete als Siebte (62,78) das starke Ergebnis für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) ab. Titelverteidigerin Perkovic holte ihren sechsten EM-Titel in Serie.

Mihambo 6,99 m

Malaika Mihambo hat unterdessen Nach schwierigen Tagen wegen einer Corona-Infektion mit einem starken Vorkampfauftritt Kurs auf den angestrebten EM-Titel. Mit 6,99 Metern gewann die 28-Jährige die Weitsprung-Qualifikation. Sie sprang damit deutlich weiter als bei ihrem Europameisterschaftsgold in Berlin vor vier Jahren (6,75). »Ich fühle mich ganz gut. 6,99 Meter sprechen ja auch irgendwo für sich«, sagte Mihambo am Stadion-Mikrofon und sorgte für erneuten Jubel der vielen Fans mit Deutschland-Fahnen.

Nach ihrer erfolgreichen WM-Titelverteidigung vor gut drei Wochen in den USA musste Deutschlands Leichtathletik-Star schwierige Tage durchstehen. Eine Corona-Infektion machte ihr gesundheitlich zu schaffen.

»Heute und die letzten Tage habe ich das aber schon nicht mehr an mich rangelassen, weil das ja auch etwas ist, was man nicht ändern kann«, sagte sie bester Laune in den Katakomben. Dort gab es auch eine herzliche Umarmung von Teamkollegin Hanna Klein, die sich als Dritte über 1500 Meter sicher für das Finale qualifizierte.

Mihambos Stimmung ist trotz der holprigen Vorbereitung bestens. Und anders als etwa in Eugene, als nur sie und die Sprintstaffel der Frauen Medaillen gewannen, soll in München nicht nur »das Gesicht der Leichtathletik« (Präsident Jürgen Kessing) im Fokus stehen. »Bei den Europameisterschaften merkt man, die deutsche Leichtathletik ist nicht tot. Aber sie braucht vielleicht noch ein bisschen was, um in die absolute Weltspitze vorzudringen«, sagte Mihambo. »Wir haben schon sehr viele Medaillen geholt, mit ein bisschen Glück sogar noch mehr. Ich freue mich für das Team, dass es besser läuft als in Eugene.«

Ein Faktor sollen die Fans sein, die dem deutschen Weitsprung-Quartett in der Qualifikation zwei Tage vor der Medaillenentscheidung an diesem Donnerstag zujubelten. »Die Atmosphäre spürt man auf jeden Fall. Es war eine super tolle Stimmung«, schwärmte Mihambo. Außer ihr schaffte es Merle Homeier (Göttingen) als Zwölfte mit 6,49 Metern in den Endkampf. Für Mikaelle Assani (Karlsruhe/6,46) und Maryse Luzolo (Königstein/6,28) reichte es nicht. Zweitbeste in der Qualifikation war die Ukrainerin Maryna Bech-Romantschuk mit 6,87 Metern. Zu der Frau des bei der Schwimm-EM in Rom derzeit startenden Mychajlo Romantschuk hält Mihambo auch in den für die Ukrainer besonderes schwierigen Zeiten Kontakt.

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Mit einem triumphalen abschließenden 1500-m-Lauf krönt sich Niklas Kaul zu Europas »König der Athleten«. © AFP

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