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Kerber in Doppelfunktion

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Auch im Training sind die Kameras in Bad Homburg auf Angelique Kerber gerichtet. © IMAGO

(tre). »Sie kommt!« Der Mitarbeiter im Medien-Team der Bad Homburg Open reckt den Hals, um einen Blick aus dem Fenster im Pressekonferenz-Zimmer im Kaiser-Wilhelms-Bad zu werfen. »Zwei Minuten«, schiebt er hinterher. Während Angelique Kerber draußen aus dem luxuriösen Sportwagen steigt, in dem sie über das Gelände kutschiert wird, warten drinnen die Medienvertreter von Presse, Funk und Fernsehen.

Geduldig, es geht ja darum, um mit der seit Jahren besten deutschen Tennisspielerin ein paar Worte zu wechseln, noch dazu im vermutlich am besten klimatisierten Raum auf der Anlage im Kurpark an diesem heißen Tag.

Als Angelique Kerber im sportlichen Outfit und bei bester Laune Platz genommen hat, agiert sie in einer Doppelrolle. Soll heißen: Seit ein paar Tagen schon bereitet sie sich intensiv auf das WTA-Turnier vor, auf ihre Generalprobe für Wimbledon. Dafür hat sie am Samstagmorgen zum Beispiel auf dem Centre Court mit Rainer Schüttler trainiert. Der frühere Davis-Cup-Spieler ist Mitglied im altehrwürdigen Tennisclub der Kurstadt und kann von seinem Haus quasi auf die Anlage laufen. Das trifft sich gut.

Andererseits fungiert die frühere Wimbledon-Siegerin eben auch als Botschafterin des Turniers, dessen Direktor ihr Manager Aljoscha Thron ist. Bedeutet: Termine, Termine, Termine. Mit dem TV-Reporter spielt sie vor laufender Kamera gerne ein paar Ballwechsel, dreht für den Instagram-Kanal des Turniers ein Kurzvideo von sich, um Tennisfans nach Bad Homburg zu locken, darf auch auf der ersten »Player’s Party« im Steigenberger Hotel, der fußläufig erreichbaren Unterkunft der Spielerinnen, nicht fehlen.

»Die Bad Homburg Open sind etwas ganz Besonderes für mich«, sagt die frühere Weltranglistenerste und dreimalige Grand-Slam-Turniersiegerin, »ich versuche, meine ganze Erfahrung einzubringen. Es ist spannend zu sehen, wie solch ein Turnier gestaltet wird. Was dahinter steckt, bekommt man als Spielerin über all die Jahre gar nicht so richtig mit. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich über so manches hinweggesehen.«

Die Auslosung hat die 34-Jährige auch gleich selbst vorgenommen und sich das Erstrundenduell mit einer Qualifikantin beschert. Am Montag wird sie (nicht vor 16.30 Uhr) auf die russische Qualifikantin Anastasia Gasanova treffen, aktuell die Nummer 147 der Welt. Gut zum Einspielen?

»Das erste Match ist immer schwierig«, sagt Kerber, zudem sei das Feld in diesem Jahr sehr stark besetzt. Bei der Premiere im Taunus, bei der sich im Vorjahr coronabedingt nur bis zu 600 Menschen auf dem Centre Court zugleich aufhalten durften (bei einer Kapazität von 3500 Zuschauern), habe es nicht besser für sie laufen können. Das führe nun für sie als Titelverteidigerin dazu, dass »der Druck nicht weniger geworden ist, eher mehr«.

Mit einem Strahlen erinnert sich Deutschlands zweimalige Sportlerin des Jahres an ihren Finalsieg gegen Katerina Siniakova vor einem Jahr, bei dem sie in Bad Homburg Euphorie und Energie gespürt und diese dann mit nach Wimbledon genommen habe. Prompt schaffte sie es bis in die Vorschlussrunde. Im Londoner Südwesten zählt Kerber stets zu den Mitfavoritinnen. Spätestens seit 2016, als sie erstmals im Finale stand. Da war sie Serena Williams noch mit 5:7, 3:6 unterlegen. Zwei Jahre später dann gelang es der gebürtigen Bremerin den Spieß umzudrehen. Mit einem 6:3, 6:3 glückte gegen Williams die Endspielrevanche. An ihre Rückkehr auf den »heiligen Rasen« ab dem 26. Juni verschwendet Kerber freilich noch keinen Gedanken. Das »Drumherum« in Bad Homburg, die neuen Aufgaben, die sie als Botschafterin übernommen hat, verändern zwischenzeitlich sogar gänzlich ihren Fokus. »Das macht mir aber mehr Spaß, als dass es eine Last ist«, sagt sie.

Am späten Sonntagabend ist Andrea Petkovic in der ersten Runde ausgeschieden. Die 34 Jahre alte Darmstädterin verlor gegen die Weltranglistenzwölfte Daria Kassatkina aus Russland mit 1:6, 2:6.

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