Mama Marianna verteidigt Mancini
(sid). Deutschland hat 83 Millionen Bundestrainer, die Hansi Flick hinter sich bringen muss. Das nicht minder fußballverrückte Italien zählt 59 Millionen Selezionatori - darunter eine ältere Dame, die den angeschlagenen Nationalcoach Roberto Mancini auch in diesen schwierigen Zeiten verteidigt wie eine Löwin.
»Roberto vollbringt keine Wunder. Er spielt mit dem, was er zur Verfügung hat«, sagte Marianna Puolo bei Radio Rai 1 und kam zu dem Schluss: »Aus dem Nachwuchs kommt zu wenig!« Puolo, das muss man hinzufügen, ist die Mutter von Europameistertrainer Mancini - und qua Erbgut für italienische Medien eine gefragte Ansprechpartnerin, nicht erst in Zeiten des Umbruchs. Dass die rüstige Dame auch hart mit ihrem Roberto ins Gericht gehen kann, bewies sie im März. Nach dem Aus in der WM-Qualifikation durch das 0:1 gegen Nordmazedonien kritisierte sie seine Personalentscheidungen. Ihr Filius hätte besser Mario Balotelli nominieren und EM-Star Jorginho auf der Bank lassen sollen, wetterte sie. Insofern spiegelt Marianna Puolo vor dem Nations-League-Auftakt gegen Deutschland in Bologna ganz gut die Stimmungslage wider im Land des viermaligen Weltmeisters: Die Emotionen kochen hoch.
»Die Gefahr weiterer Flops für die Squadra ist groß«, schrieb die mächtige »Gazzetta dello Sport« und erinnerte an das 0:3 gegen Argentinien am Mittwoch im Duell der Kontinentalmeister Südamerikas und Europas. Das Spiel gegen Deutschland könne »noch schlimmer werden«, unkte Italiens Sportorgan Nummer 1.
Der gegen Argentinien in Ehren verabschiedete EM-Held Giorgio Chiellini ist vor dem Duell mit der DFB-Elf ebenso aus dem Trainingslager abgereist wie die langjährigen Stützen Jorginho, Marco Verratti oder Federico Bernardeschi. Für die vier Nations-League-Spiele hat Mancini einige jüngere Kräfte und auch ein paar Debütanten nominiert.
Nach der zweiten verpassten WM-Qualifikation in Folge ergibt dies Sinn, doch Experimente kann sich der 57-Jährige kaum erlauben - die Ergebnisse müssen stimmen. Mancini wirkt wie ein Trainer in der Schwebe. Vor dem Vergleich mit Deutschland warb er um »Zeit und Geduld«. An Enthusiasmus für den Neustart mangele es ihm nicht. Ein bisschen Rückhalt täte ihm jetzt gut - nicht nur aus der Familie.