Nets versinken im Chaos

Seit WM-Bronze 2007 warten die deutschen Handballerinnen auf eine Medaille bei einem großen Turnier. Diese Durststrecke soll bei der EM enden - auch wenn die DHB- Auswahl nicht zu den Favoriten zählt.
(sid). Charles Barkley hat eine klare Meinung. Der frühere Basketball-Star, auch als Experte der preisgekrönten Sendung »NBA Tonight« um keine umstrittene Aussage verlegen, ist angewidert von dem, was sich da gerade bei den Brooklyn Nets abspielt. Und wie die Liga auf den Fall Kyrie Irving reagiert. Oder genau genommen: nicht reagiert.
Zu Wochenbeginn hatte Irving, als Basketballer zweifelsohne begnadet, als Mensch verhaltensauffällig aufgrund zumindest diskussionswürdiger Ansichten, via Social Media durch einen Link Werbung für ein antisemitisches Buch sowie einen antisemitischen Film gemacht. »Ich denke, er hätte suspendiert werden sollen«, sagte Barkley.
Irving und die Nets versuchten, die Diskussion mit Geld und einer Geste zu beenden. Je 500 000 Dollar spendeten Spieler und Franchise an eine Organisation, die sich gegen Hass in der Gesellschaft einsetzt. »Ich bin mir der negativen Auswirkungen meines Beitrags auf die jüdische Gemeinschaft bewusst und übernehme die Verantwortung«, beteuerte Irving und distanzierte sich von den Inhalten des Films.
Es ist nicht das erste Mal, dass Irving für Aufregung sorgt. Seine früheren Klubs Cleveland Cavaliers und Boston Celtics zwang er mehr oder weniger offen, ihn zu einem anderen Team zu tauschen. Im Sommer 2019 wechselte er zu den Nets, die um ihn und Superstar Kevin Durant und zuletzt auch James Harden und Ben Simmons ein Super-Team aufbauen wollten. Der Plan ging schief.
In der vergangenen Saison konnte Irving aufgrund der regionalen Bestimmungen im Bundesstaat New York zunächst nicht trainieren und spielen, weil er Corona-Impfungen verweigerte. Die Nets schieden in der ersten Runde der Playoffs gegen Boston aus.
Im Sommer wurde es richtig chaotisch. Durant forderte von Klub-Besitzer Joseph Tsai die Ablösung von Trainer Steve Nash und Manager Stephen Marks. Harden verlangte einen Wechsel - und bekam ihn im Tausch mit dem als egozentrisch geltenden Simmons. Am Montag nun trennten sich die Nets nach schwachem Saisonstart von Nash. Durant gab sich »schockiert«.
Und der nächste Problemfall steht schon vor der Tür: Neuer Trainer soll laut US-Medien Ime Udoka werden. Dieser war kurz vor der Saison von den Celtics wegen einer ungebührlichen sexuellen Beziehung zu einer Angestellten des Klubs für ein Jahr suspendiert worden.
Trotz der holprigen Generalprobe gegen Rumänien reisten Deutschlands Handball-Frauen am Donnerstag mit großer Lust und Vorfreude zur Europameisterschaft. Bei der an diesem Freitag beginnenden Endrunde in Slowenien, Nordmazedonien und Montenegro will die DHB-Auswahl endlich den internationalen Durchbruch schaffen und erstmals seit dem vierten EM-Platz 2008 wieder im Medaillenkampf eines großen Turniers mitmischen.
»Wir haben in den vergangenen Jahren schon einige gute Ergebnisse erzielt. Das Ziel ist, eins draufzusetzen und mal das Halbfinale zu erreichen«, sagte Co-Kapitänin Emily Bölk vor dem Abflug in den Vorrundenort Podgorica. Und Bundestrainer Markus Gaugisch, der das Amt erst im April dieses Jahres von Henk Groener übernahm, bekräftigte vor seinem EM-Debüt: »Die Mannschaft ist maximal motiviert. Natürlich wollen wir diesen Schritt, der in den vergangenen Jahren nur knapp nicht geschafft wurde, gehen. Aber es gibt keine Garantien.« Insgeheim hoffen der Coach und seine Schützlinge sogar auf die erste deutsche Medaille bei einem Großereignis seit WM-Bronze vor 15 Jahren. »Das ist der große Traum. Der Erfolgshunger ist sehr groß«, sagte Bölk. Der Weg dorthin wird jedoch schwer.
Zum Auftakt der Vorrunde trifft die deutsche Mannschaft am Samstag (20.30 Uhr/sportdeutschland.tv) auf Polen. Danach geht es in der Gruppe D gegen Co-Gastgeber Montenegro (7. November) und zum Abschluss gegen den WM-Vierten Spanien (9. November). In der Hauptrunde, die die besten drei Teams jeder Gruppe erreichen, sind Olympiasieger Frankreich, Ex-Weltmeister Niederlande, Nordmazedonien und Rumänien die potenziellen Gegner im Kampf um die ersten beiden Plätze.
Gaugisch, der auf einige Leistungsträgerinnen wie die verletzten Alicia Stolle, Amelie Berger und Antje Döll verzichten muss, ist dennoch zuversichtlich. »Es wird entscheidend sein, in den heißen Momenten kühlen Kopf zu bewahren, ohne das Herz zu verlieren. Da helfen die internationalen Erfahrungen, über die viele Spielerinnen jetzt schon verfügen«, sagte der 48-Jährige.
Immerhin sechs der 16 Spielerinnen aus dem EM-Aufgebot spielen im Ausland. Hinzukommt ein Trio vom deutschen Meister und European-League-Sieger SG BBM Bietigheim, das Woche für Woche in der Champions League gefordert ist. »Wir haben Spielerinnen, die Stück für Stück vorangekommen sind, und müssen keine Angst haben«, sagte Gaugisch. Wichtig sei aus seiner Sicht, »dass jede Spielerin, die auf der Platte steht, weiß, was zu tun ist«. Auch die Mannschaft geht die Aufgabe selbstbewusst an. »Ich denke, wir sind gut vorbereitet. Alle sind heiß auf das erste Spiel«, sagte Co-Kapitänin Alina Grijseels. Beim 29:29 gegen Rumänien im letzten EM-Test am Mittwochabend präsentierte sich die Rückraumspielerin von Borussia Dortmund mit acht Toren sehr treffsicher.
Ein gutes sportliches Abschneiden bei der EM würde auch dem Deutschen Handball-Bund guttun. Der Verband, der einige Maßnahmen zur stärkeren Förderung des Frauen-Handballs auf den Weg gebracht hat, war zuletzt durch sein in der Vergangenheit zögerliches Verhalten beim Thema psychische Gewalt in die Kritik geraten.
Die Debatte um die schweren Vorwürfe gegen den früheren Bundesliga- und DHB-Nachwuchstrainer André Fuhr hatte teilweise auch die EM-Vorbereitung überlagert. »Es ist wichtig, dass die Vereine, die Liga und der Verband jetzt eine intensive Aufarbeitung verfolgen und schauen, welche Verbesserungsmöglichkeiten es gibt. Ich versuche als Athletensprecherin, meinen Input zu geben«, sagte Bölk zu der Causa.
In den kommenden Tagen richten sie und ihre Teamkolleginnen den Fokus aber ausschließlich auf das EM-Turnier. »Ich hoffe, dass die Mannschaft 100 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit abruft«, sagte Gaugisch. »Wir müssen jetzt schauen, dass wir gut regenerieren, und dann sind wir bereit für Samstag. Die Vorfreude ist mega!«
(sid). Bund und Länder treiben den Kampf gegen sexualisierte, psychische und physische Gewalt im Sport voran. Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat am Donnerstag im Rahmen der Sportministerkonferenz in Mainz in Zusammenarbeit mit den 16 Bundesländern, Vertretern aus der Wissenschaft sowie Betroffenen und dem Verein Athleten Deutschland den Trägerverein Safe Sport e. V. gegründet.
»Gewalterfahrungen bis hin zu sexualisierter Gewalt sind für erschreckend viele Sportlerinnen und Sportler Realität«, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser: »Jeder Vorfall ist eine Tragödie. Jeder Vorfall kann, vor allem bei Kindern und Jugendlichen, das ganze Leben beeinträchtigen. Und jeder Vorfall erschüttert das Vertrauen in den Sport.« Mit der Ansprechstelle, die Anfang 2023 ihre Arbeit aufnehmen soll, wird laut Ministerium »ein dringend benötigtes Hilfsangebot für Rat suchende Sportlerinnen und Sportler« geschaffen. Bund und Länder finanzieren das Projekt mit einem sechsstelligen Betrag.
Athleten Deutschland brachte bereits im Mai die unabhängige Stelle »Anlauf gegen Gewalt« an den Start. »Wir sind optimistisch, dass sinnvolle Formen und Schnittstellen der Zusammenarbeit zwischen Anlauf gegen Gewalt und der einzurichtenden Anlaufstelle von Bund und Ländern gefunden werden«, kommentierte Athleten Deutschland die Gründung des Safe Sport e. V.
