Noch mehr Spektakel und viele Fragen
(sid). Es dürften hektische Zeiten sein für die Marketing-Köpfe der Fußball-WM 2022. Der 100-Tage-Countdown beginnt 24 Stunden früher als geplant, auf der ganzen Welt müssen teure Werbeflächen angepasst werden - denn das Winter-Turnier in der Wüste hat einen neuen Zeitplan.
Die FIFA hat den WM-Start kurzerhand auf den 20. November vorverlegt, am Freitag waren es damit nur noch 100 Tage bis zum ersten Anstoß. Sieben Jahre nach der ursprünglichen Terminierung war das eine merkwürdige Entscheidung, allerdings eine, die ins Bild dieser Endrunde passt. Ein »noch größeres Spektakel« verspricht die FIFA den Fans, denn es wird nun doch ein richtiges Eröffnungsspiel geben: Gastgeber Katar trifft auf Ecuador, schon sonntags (19 Uhr Ortszeit/17 Uhr MEZ) beginnt das Turnier. Vor dem Match findet im al-Bayt-Stadion auch die Eröffnungsfeier statt. Der Weltverband verkauft dies als »Änderung gemäß langjähriger Tradition«, schließlich eröffnet der Gastgeber schon seit 2006 die WM. Tatsächlich hat aber wohl Katar Druck ausgeübt, der Gastgeber wollte prominent die WM-Bühne betreten. Warum der ursprüngliche Zeitplan gar kein richtiges Eröffnungsspiel vorgesehen hatte, ist unklar.
Diese WM zu verstehen, daran scheitern allerdings auch die prominentesten Köpfe im Fußballgeschäft. Erst vor wenigen Tagen ereiferte sich Jürgen Klopp mal wieder, »wenn ich darüber spreche, werde ich wütend«, sagte der Teammanager des FC Liverpool, »das Turnier findet aus den falschen Gründen und zu falschen Zeit statt.« Die Menschenrechtslage in dem Emirat sorgt ohnehin seit dem Tag der Vergabe im Jahr 2010 für Kritik an der FIFA, Korruptionsvorwürfe gab es ebenfalls früh, 2020 brachten Enthüllungen den Stimmenkauf dann ans Licht. All dies sprach bereits gegen eine Austragung des wichtigsten Fußballturniers in Katar - und dann waren da ja noch ein paar praktische Hürden. Denn im Sommer ist es dort viel zu heiß für eine WM, fünf Jahre nach der Vergabe fiel dies auch der FIFA auf. Die Endrunde wurde in den Winter verlegt, alle großen Ligen mussten ihre Pläne umstricken. Auch forderte die FIFA wie üblich zwölf Spielorte in ihrer Ausschreibung. Wer allerdings in einem Land gerade mal halb so groß wie Hessen derart viele neue Arenen bauen lässt, muss sich Fragen zur Nachhaltigkeit stellen lassen - die Zahl der Stadien wurde also auf acht reduziert.
Das kleine Land muss zudem Fans aus 32 Nationen unterbringen, und es muss auf engem Raum trotz zahlreicher Rivalitäten die Sicherheit gewährleisten. Interessant wird auch sein, wie Katar mit den Rechten seiner Besucher umgeht. Gründe für Skepsis sind viele vorhanden - die WM wird dennoch stattfinden. In nicht mal 100 Tagen geht’s los.