Starker Saisonstart

(sid). Völlig ausgepumpt stürzte David Zobel im Zielraum in den Schnee. Nach einem kurzen Blick auf die Uhr strahlte er breit und reckte voller Stolz seine Skier in die Luft: Platz drei zum Weltcup-Auftakt, was für ein Traumstart! Gleich im ersten Rennen der Saison überraschte der 26-Jährige im finnischen Kontiolahti im 20-km-Einzel die Weltelite - und bescherte dem deutschen Biathlon-Team ein kaum für möglich gehaltenes Top-Ergebnis.
»Ich kann es noch gar nicht richtig glauben. Ich bin überfordert«, sagte Zobel am ARD-Mikrofon: »Ich bin nicht mit diesen Erwartungen ins Rennen gegangen.« Mit letzten Kräften hatte er wenige Minuten zuvor auf der Schlussrunde ausgerechnet seinen Teamkollegen Roman Rees vom Podest verdrängt.
Ganze 1,6 Sekunden trennten das deutsche Duo im Ziel, Rees landete auf dem ebenso beachtlichen wie undankbaren vierten Platz. »Ich gönne es ihm total, aber es ist ein bisschen bitter, wenn dich der eigene Teamkollege vom Podium stößt«, sagte Rees. Der Sieg ging überraschend an den Schweden Martin Ponsiluoma, dahinter landete der in Karlsruhe geborene Schweizer Niklas Hartweg (0/+37,2) wie Zobel (+59,3) erstmals in seiner Laufbahn auf dem Podest.
»Wenn man in so einem Feld auf dem Podium ist, war es immer ein guter Wettkampf«, sagte Bundestrainer Mark Kirchner: »Wir sind zu 80 Prozent auf der guten Seite, das gibt uns ein gutes Selbstvertrauen.«
Als 74. Athlet gestartet, blieb Zobel anders als viele Top-Favoriten am Schießstand fehlerfrei. Bis dato war ein achter Rang im Massenstart sein bestes Ergebnis gewesen, nun gelang ihm bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt der Coup. Beim finalen Stehendanschlag habe er bei den letzten zwei Schüssen »schon ein bisschen gezittert« - doch die Scheiben fielen, und der gebürtige Starnberger stürmte aufs Treppchen.
Auch die anderen DSV-Skijäger präsentierten sich zweieinhalb Monate vor der Heim-WM in Oberhof (8. bis 19. Februar) in guter Form: Justus Strelow (2/+2:57,6) und Philipp Nawrath (2/+3:00,1) überzeugten mit den Plätzen 17 und 18, Ex-Weltmeister Benedikt Doll (3/+3:04,0), der seine Karriere spätestens nach der kommenden Saison beenden will, landete knapp dahinter auf Rang 20. Johannes Kühn (4/+3:3:42,4) schaffte es als 26. ebenfalls noch in die Top 30. So staunte der zurückgetretene Ex-Weltmeister Erik Lesser bei seinem Debüt als ARD-Experte nicht schlecht: »Vier Deutsche in den Top 20. Das ist eine sehr gute Ansage«, sagte er.
Nicht so gut lief es für die Favoriten: Der viermalige Peking-Olympiasieger Johannes Thingnes Bö wurde nach vier Fehlern nur Zwölfter, Weltcup-Gesamtsieger Quentin Fillon Maillet (2) aus Frankreich kam als 15. ins Ziel. Nicht dabei sind nach wie vor die Russen und Belarussen, die wegen des Angriffskrieges in der Ukraine weiter von Wettkämpfen ausgeschlossen sind.
Die Frauen um Olympiasiegerin Denise Herrmann-Wick haben am heutigen Mittwoch (13.15 Uhr) im Einzel über 15 km die Chance, nachzulegen. Am Donnerstag geht es für Zobel, Rees und Co. um 11 Uhr mit der Staffel weiter, die Frauen folgen ab 13.35 Uhr (jeweils ARD und Eurosport).