Teure Quälerei

Wer soll das bezahlen? Die Ironman-WM und die Kosten. Ein komplexes Thema mit den größten Auswirkungen auf die, die eigentlich mit ihrem Sport Geld verdienen wollen.
Es könnte so schön sein. Eine wunderschöne Insel. Tolles Wetter. Entspannte Menschen, eine besondere Kultur. Doch viele, die es in diesen und den vergangenen Tagen an den Sehnsuchtsort Hawaii treibt, erwartet eine Quälerei der besonderen Art. Eine, die an die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit geht. Und nicht nur an die. »Wir haben nicht schlecht gestaunt, als wir das erste Mal im Supermarkt waren«, erzählt der Altersklassenathlet Patrick Roos. Der 45 Jahre alte Triathlet aus Bingen berichtet: »Ein Päckchen Toastbrot, weiß, ganz normal: fünf bis sechs Dollar, eine Viertelmelone zwölf Dollar.«
Wer kann und will das bezahlen? Rund 10 000 Euro wurden bisher immer für den Trip geschätzt mit Partner oder Partnerin. Wegen des Klimas mit Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit ist eine rechtzeitige Anreise unerlässlich.
Startgeld, Flug, Unterkunft, Verpflegung. Die Ironman-WM auf Hawaii wird in diesem Jahr aber mehr denn je auch zur finanziellen Herausforderung. Und das hört nicht bei den Tausenden Athletinnen und Athleten auf, die diesen Sport als Hobby betreiben. »Gerade viele Profis verdienen mit ihrem Sport nicht so viel Geld, dass das aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn machen würde, hier in Hawaii zu starten«, sagt Sebastian Kienle: »Man sollte schon unter die ersten zehn kommen, um die Kosten zu decken.« Für den zehnten Platz gibt es umgerechnet 11 300 Euro. Rang eins wird mit 130 000 Euro belohnt.
Die WM-Teilnahme, erkämpft durch ein Resultat bei einem anderen Ironman weltweit, wird zur wirtschaftlichen Frage, obwohl auch für Sponsoren der Hawaii-Start meist enorm wichtig ist. »Nach einigen ernsthaften Gesprächen mit meinem Team haben wir entschieden, dass es für mich einfach nicht möglich ist. Die Kosten sind höher, als ich es mir je leisten könnte«, teilte Svenja Thoes (31) jüngst via Instagram mit. Die Neunkirchenerin gewann in diesem Jahr in Nizza und zuletzt in Cervia/Italien über die 3,86 km Schwimmen, 180,2 km Radfahren und 42,2 km Laufen.
Das Problem ist komplex. Zum einen haben sich Altersklassenathletinnen und -athleten praktisch angestaut durch die Ausfälle der WM-Rennen auf Hawaii 2020 und 2021 durch die Corona-Pandemie. Daher werden in diesem Jahr erstmals die Profi-Frauen (6. Oktober) auch getrennt von den Profi-Männern (8. Oktober) starten, jeweils mit einer Schar von Amateuren. Beibehalten werden soll das Format, das praktisch doppelt so viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer wie die sonst üblichen rund 2500 zulässt.
»Die Stimmung vor Ort ist schon so, dass uns schon ein bisschen bange wird, wie das wird«, betonte der in Hawaii lebende und als Coach arbeitende Deutsche Florian Bögge bei Triathloninsider auf you-tube.com: »Wir sind ein kleines Dorf.« Er erklärte auch, dass sich die Regeln geändert haben auf Hawaii, wer Kona-Gäste aufnehmen kann. Früher habe praktisch jeder untervermieten können, das sei nun nicht mehr der Fall. Das Unterkunftsangebot sei dadurch kleiner geworden, die Preise höher. Hinzu komme, dass während der Pandemie viele - vor allem aus Kalifornien - nach Kona gezogen seien. Das habe die Wohnraumpreise auch ansteigen lassen. »Es ist nicht so, dass die Preise für Ironman extra angezogen wurden, wir bluten hier täglich«, sagte Bögge. Und Kienle kommt zu dem Schluss: »Es war schon davor ein Sport eher für Privilegierte, und die Hawaii-Teilnahme können sich eigentlich nur noch sehr privilegierte Athleten leisten.«