Traum ist geplatzt

Ein Eigentor und viel Pech zerstören den WM-Traum der Ukraine auf brutale Weise. Selbst die siegreichen Waliser können sich deswegen nicht unbeschwert freuen.
Für Andrij Jarmolenko brach eine Welt zusammen. Er sank entkräftet zu Boden, vergrub das Gesicht in seine Hände und weinte. Nichts und niemand konnte ihn in diesem Moment trösten. Die ebenfalls niedergeschlagenen Mitspieler nicht. Die Trost spendenden Waliser um Fußball-Superstar Gareth Bales nicht. Der aufmunternde Applaus von den Rängen später auch nicht.
Jarmolenko fühlte sich vermutlich verantwortlich für die gescheiterte Mission der ukrainischen Nationalmannschaft, ihrer vom Krieg gebeutelten Heimat mit dem WM-Ticket einen süßen Triumph zu schenken. Das Eigentor des Ex-Dortmunders (34.) entschied das Playoff-Endspiel in Cardiff. 0:1 - Wales fährt erstmals seit 64 Jahren wieder zu einer WM, das kleine ukrainische Fußball-Märchen in düsteren Zeiten ist dagegen beendet.
Nicht nur bei England-Legionär Jarmolenko machte sich Trauer breit. Tief enttäuscht verschwanden die ukrainischen Spieler mit einer Flagge, die ihnen von Soldaten der Kriegsfront geschickt worden war, in die Kabine. »Manchmal kann der Fußball so schmerzhaft sein«, sagte der ukrainische Starspieler Oleksandr Sintschenko. Doch genau deshalb habe sein Team nicht versagt, betonte der Profi von Manchester City: »Beim Fußball geht es um Emotionen. Wenn wir es geschafft haben, unseren Fans diese Emotionen zu geben, dann ist es perfekt. Mission erfüllt.«
Die Waliser brachten nach ihren ersten Triumph-Posen schnell Mitgefühl für die geschlagenen Ukrainer auf. Es gab tröstende Gesten auf dem Rasen und von den Rängen. »Wir wollten ihnen unseren Respekt erweisen. Sie verdienen große Achtung für das, was sie getan haben«, sagte Wales Teammanager Robert Page. Die Ukrainer trugen eine große Last auf ihren Schultern. Das Team würde auch »für die Streitkräfte in den Schützengräben und Krankenhäusern, die ihren letzten Tropfen Blut geben«, kämpfen, hatte Nationaltrainer Oleksandr Petrakow im Vorfeld gesagt.
Im Playoff-Halbfinale gegen Schottland (3:1) hat es sie beflügelt, gegen Wales fehlte das Glück. Vor allem bei Jarmolenko. Der Angreifer köpfte den Ball nach einem Bale-Freistoß unglücklich ins eigene Tor. In der 77. Minute vergab der Profi von West Ham United auch noch eine Riesenchance. Doch das sei nun egal, meinte Sintschenko. Viel wichtiger sei, dass die Weltgemeinschaft im russischen Angriffskrieg »zusammenstehe und zusammenhalte«, denn: »Wir müssen den Krieg stoppen. Heute ist es die Ukraine, morgen kann es Ihr Land sein.«
Bei aller Anteilnahme für die Ukrainer, ließen die Waliser ihrer Freude über die erste WM-Teilnahme seit 1958 auch freien Lauf. Sie treffen in der Vorrundengruppe B in Katar nun auf die USA, Iran und den großen Nachbarn England.