Zwischen Trauer und Stolz

Ein kompliziertes Wochenende in Austin endet für Red Bull mit dem Gewinn der Konstrukteurs-WM. Ziele für den Saisonendspurt hat das Team von Max Verstappen aber noch genug.
Den klebrigen Abschluss eines emotionalen Wochenendes leitete Max Verstappen höchstpersönlich ein. Beim Foto-Termin mit allen Mitgliedern des um Dietrich Mateschitz trauernden Red-Bull-Teams sprang der Formel-1-Weltmeister plötzlich auf, jubelnd spritzte er den Inhalt zweier Getränkedosen seines Hauptsponsors Mechanikern und Betreuern entgegen und blieb eingehüllt in zuckersüßem Nebel selbst nicht trocken.
Der Sieg beim Großen Preis der USA und der Gewinn der Konstrukteurs-WM, nur einen Tag nach dem Tod des Red-Bull-Gründers Mateschitz, löste beim sonst so coolen Champion große Gefühle aus. »Ich bin traurig, aber auch unglaublich stolz auf das ganze Team und die Art und Weise, wie es das ganze Wochenende über gearbeitet hat«, sagte Verstappen.
Am Samstag, unmittelbar vor dem Qualifying, hatte die Nachricht des Todes des österreichischen Unternehmers das Fahrerlager erreicht. »Traurig« sei der Tag gewesen, kommentierte Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko den Verlust seines langjährigen Weggefährten, »aber so fröhlich und so stolz sind wir nun über das, was wir alles erreicht haben. Das ist die richtige Antwort, die Didi Mateschitz geliebt hätte.« Drei Rennen vor Saisonende stellt Red Bull in Verstappen nicht nur den verdienten Weltmeister in der Fahrerwertung. Das Team mit Sitz im britischen Milton Keynes vollzog in Austin auch endgültig die Wachablösung nach Jahren der Mercedes-Dominanz. Acht Jahre hatten die Silberpfeile die Team-WM gewonnen. Nun sind beide Titel wieder bei Red Bull vereint - erstmals seit neun Jahren. Damals gewann Sebastian Vettel seinen letzten WM-Titel.
Die Erfolge der Saison 2022, in der sich Red Bull trotz eines Fehlstarts nicht aus der Ruhe bringen ließ, sollen der Beginn einer neuen Ära sein. Nicht umsonst war der Vertrag mit Verstappen bereits vor dem Saisonstart bis 2028 verlängert worden. Das Red-Bull-Projekt in der Formel 1, davon ging der Niederländer am Sonntag aus, werde natürlich trotz des Todes des Teamgründers »weitergehen.«
Auch kurzfristig gibt es noch genügend Ziele. In Austin gelang Verstappen nach einem umkämpften Duell mit Rekordweltmeister Lewis Hamilton (Mercedes) der 13. Sieg der Saison. So häufig war dies in einem Jahr zuvor nur Michael Schumacher (2004) und Vettel (2013) gelungen. Schon am kommenden Wochenende in Mexiko könnte Verstappen zum alleinigen Rekordsieger aufsteigen, auch wenn er dieser Statistik wegen ihrer schweren Vergleichbarkeit wenig Bedeutung beimisst.
Marko formulierte die Zielstellung deutlich offensiver. »Wir wollen den Rekord«, sagte der 79-Jährige. Zudem soll die Saison mit dem zweiten Fahrer Sergio Perez auf Rang zwei der Fahrerwertung beendet werden. »In Mexiko sollte er mit dem Heimpublikum im Rücken noch motivierter sein«, sagte Marko. Derzeit fehlen Perez auf den zweitplatzierten Ferrari-Piloten Charles Leclerc nur zwei Punkte. Frei von Sorgen ist Red Bull dennoch nicht. Das Team wirkt in der noch immer ungelösten Budgetaffäre innerhalb des Fahrerlagers isoliert, weil es 2021 die Kostenobergrenze überschritt. Die Rivalen fordern harte Strafen, Red Bull setzt auf Milde vonseiten des Automobil-Weltverbandes FIA. Die Entscheidung, die in Austin erhofft worden war, blieb aus. Die Deadline für eine Einigung wurde nach dem Tod Mateschitz’ verschoben. Die Gespräche sollen im Laufe der Woche fortgeführt werden.
Strafe für Alonso
Unterdessen durfte sich Fernando Alonso nur kurz über seine beeindruckende Aufholjagd freuen. Gegen den spanischen Alpine-Piloten wurde nach einem Protest des Haas-Teams nachträglich eine 30-Sekunden-Strafe ausgesprochen. Alonso fiel damit von Rang sieben aus den Punkten zurück auf den 15. Platz.
Nutznießer ist unter anderem Sebastian Vettel (Heppenheim/Aston Martin), der im Ranking einen Platz auf Rang sieben vorrückt. Ein zweiter Haas-Protest gegen den viertplatzierten Red-Bull-Piloten Sergio Perez wurde dagegen abgelehnt.
Grund für das Vorgehen vom Schumacher-Team Haas war das Nichtverwenden der schwarz-orangen Flagge, mit der die Rennleitung ein Auto mit einem offensichtlichen Schaden aufgrund von Sicherheitsbedenken zu einem Boxenstopp zwingen kann. Perez war mit einem leicht beschädigten Frontflügel unterwegs gewesen, Alonso mit einem abgeknickten Spiegel.